Ich bin gerade in Rovaniemi. Rovaniemi liegt in Lappland ganz weit im Norden von Finnland – am Polarkreis. Also da, wo im Winter die Sonne nicht mehr aufgeht. Aber so ganz dunkel ist es trotzdem nicht. – Vor allem, weil hier ganz viel Schnee liegt und der leuchtet ganz eigenartig und schön.
Gibt es den echten Weihnachtsmann?
Und hier in Rovaniemi wohnt der Weihnachtmann, sagt man. Den wollte ich natürlich treffen, und so hab ich die Leute gefragt: „Wo wohnt denn hier der Weihnachtsmann?“ – „Im Weihnachtsmanndorf! Flieg immer den Schildern nach, dann kannst du es nicht verpassen!“ Gut, Schilder zum Weihnachtsmanndorf gab es hunderte – die konnte man wirklich nicht übersehen. Und das Weihnachtsmanndorf auch nicht. Auf dem Foto seht ihr das Hauptpostamt vom Weihnachtsmanndorf – da wo all die Briefe mit den Wunschzetteln von Kindern aus aller Welt ankommen und bearbeitet werden. Aber der Weihnachtsmann? Hier laufen lauter Weihnachtsmänner herum. Ganz, ganz viele. Welcher ist denn wohl der echte? Das war ganz schön schwierig, den echten Weihnachtsmann zu finden!
Aber ich hab ihn gefunden! Tatsächlich!
Die Geheimnisbrille
Der echte Weihnachtsmann hat ein ganz liebes Gesicht - und das kommt von der Brille, die er trägt. Das ist eine Geheimnisbrille! Wer die aufsetzt, der kann mit einem Mal sehen, wie gut die Menschen sind – tief innen drinnen. Deshalb hat der echte Weihnachtsmann auch keine Rute mit, sondern ein ganz großes Taschentuch. Das braucht er: Ich hab gesehen, wie er sich neben einen Jungen gesetzt hat, von dem alle Leute sagten, dass er böse sei. War er aber nicht! Er war nur ganz doll traurig! Das hat Weihnachtsmann gesehen und sich neben diesen Jungen gesetzt, hat sein großes Taschentuch herausgeholt und der Junge konnte sich richtig ausweinen – und Weihnachtsmann hat ihn getröstet und ihm die Tränen abgewischt.
„Weihnachtsmann“, hab ich ihn gefragt, „woher hast du eigentlich diese Brille?“ - „Welche Brille?“, hat Weihnachtsmann erstaunt gefragt. „Na, die Brille mit der du sehen kannst, wie gut die Menschen tief innen drinnen sind.“ Da hat Weihnachtsmann sich ganz erstaunt an die Nase gefasst. Er hat die Brille abgenommen, um sie erst mal richtig anzugucken. „Die Brille muss ich wohl von Jesus haben“, meinte er – und einen Moment lang war ich mir nicht ganz sicher, ob der Weihnachtsmann mich jetzt auf den Arm nehmen will.
Das Gute in den Menschen sehen
„Doch, die Brille muss ich wohl von Jesus haben. Sieh, ich mach es einfach so: Ich schaue die Menschen so an, wie Jesus sie angesehen hat – und dann sehe ich das Gute tief in ihnen drinnen.“
„Du bist doch der echte Weihnachtsmann!“, hab ich gesagt. Da hat er mich verschmitzt angesehen und gesagt: „Wieso? Ich bin doch nur einer von vielen Weihnachtsmännern. Im Ernst – da gibt es noch viele andere, die sich von Jesus abgeguckt haben, wie er die Menschen sieht.“ Ich wünsche euch, dass ihr auch einen Weihnachtsmann trefft – einen von den echten! Den erkennt ihr dann. Ich werde ihn auch ohne Erinnerungsfoto nie vergessen!
Krippenspiel mit dem Schäfchen Jannis
Und dann habe ich hier in Rovaniemi noch einen ganz besonderen Weihnachtsgottesdienst erleben dürfen. In einer winzig kleinen Kirche war ich hier zu Besuch – winzig und warm und gemütlich. Selbst hier oben am Polarkreis wohnen Leute aus Deutschland, und die haben ihren Weihnachtsgottesdienst gefeiert:
Mit einem Krippenspiel. Das haben Paula, Lotta, Lili, Rikje und Maret aufgeführt. Und Jannis! Jannis ist noch nicht einmal ein Jahr alt. Er ist im vergangenen Jahr am Heiligen Abend geboren worden.
Und Jannis musste mitspielen, na klar doch: Er hatte ein weißes, wolliges Kostüm an und war ein Schaf – und was für eines! Die Hirten hatten wirklich zu tun, um ihn zu hüten – dass er zum Beispiel nicht die Stufe am Altar herunterfällt. Aber alles ging gut!
Paula war der Verkündigungsengel – und die hat den Hirtinnen Rikje und Maret die große Freude verkündet.
Sie sind mit ihrem Schaf sofort losgezogen zum Stall, in dem Maria schon gewartet hat.
Nach dem Gottesdienst haben die Leute hier noch eine ganze Weile zusammengesessen, erzählt und gesungen. Ich hab sie ein bisschen ausgefragt – zum Beispiel ob sie gerne hier wohnen, wo im Winter die Sonne nicht aufgeht. Und tatsächlich: sie fühlen sich hier ganz und gar zu Hause, zünden im Winter Kerzen an und freuen sich auf den Sommer: Da geht die Sonne nämlich gar nicht mehr unter, sondern scheint die ganze Nacht hindurch. Verrückte Welt hier im Norden!
Euch allen fröhliche Weihnachten, oder "hyvää joulua", wie man hier sagt!
Alle Fotos © Pfarrer Hans-Christian Beutel/Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Finnland