Kaum bin ich in Nürnberg im Amt für evangelische Jugendarbeit angekommen, musste ich gleich ganz schön anpacken. Die Menschen hier kümmern sich alle um verschiedene Bereiche der Arbeit mit Jugendlichen.
Daniela Schremser, bei der ich zu Besuch bin, hat zusammen mit einer Gruppe zwei Jahre lang ein großes Treffen für Jugendliche geplant.
Gleich nach meiner Ankunft hier habe ich erstmal dabei geholfen, Kisten zu schleppen und Material für die Veranstaltung in einen großen Bus zu packen. Das war richtig anstrengend.
Erinnerung an einen evangelischen Pfarrer
Nach einer kleinen Pause zum Ausruhen hat mir Daniela erzählt, worum es bei dem Treffen überhaupt geht. Die Jugendlichen wollen damit an die deutsche Geschichte erinnern:
Vor 70 Jahren ging es vielen Menschen in unserem Land nicht gut. Es war eine schlimme Zeit. Viele Leute wurden verfolgt, eingesperrt und sogar getötet, nur weil sie eine andere Hautfarbe, andere Ideen oder eine andere Religion hatten als die Machthaber. Besonders Menschen jüdischen Glaubens haben darunter gelitten.
Es gab zu dieser Zeit aber auch Menschen in Deutschland, die das nicht gut fanden und sich gewehrt haben.
Der evangelische Pfarrer Dietrich Bonhoeffer war einer von ihnen. Zusammen mit seinen Freunden hat er Widerstand geleistet. Im Jahr 1944 wurde Bonhoeffer dafür ins Gefängnis gesperrt und am 9. April 1945 wurde er zum Tode verurteilt und getötet.
Zu dieser Zeit gab es schon seit 5 Jahren einen großen Krieg, den Zweiten Weltkrieg.
Ende April 1945 konnten einige der eingesperrten Menschen wieder befreit werden. Leider war das für Dietrich Bonhoeffer zu spät.
Am 8. Mai 1945 wurde der Krieg für beendet erklärt. Die Machthaber in Deutschland hatten dann zum Glück nichts mehr zu sagen.
Dinge, für die es sich lohnt
Für ganz viele Menschen ist Bonhoeffer auch heute noch, so viele Jahre später ein Vorbild. Er hat seine Meinung gesagt und nicht alles hingenommen, was damals in Deutschland passiert ist. Daran wollen die Mitarbeiter der Evangelischen Jugend und die Jugendlichen bei einer großen Jugendbegegnung erinnern. Außerdem möchten sie herausfinden, wo es heute wichtig ist, die eigene Meinung zu sagen.
Dietrich Bonhoeffer hat einmal an seinen Bruder geschrieben, dass er glaubt, dass es Dinge gibt, für die es sich lohnt kompromisslos einzustehen.
Über diesen Satz wollen die Jugendlichen bei ihrem Treffen nachdenken und reden.
Was ist dir wichtig?
Das Symbol für die Jugendbegegnung ist eine Art Baum, der aussieht wie eine Hand, die bunte Blätter hält. Darauf stehen die Worte FREIHEIT, HOFFNUNG, FRIEDEN, GLAUBE, HOFFNUNG, LIEBE, GERECHTIGKEIT und TOLERANZ. Was ist für dich wichtig und lohnt sich?
Ein große Begegnung
Aus ganz Bayern kommen junge Menschen zu dem Treffen und sogar aus Bremen. Zwei Gruppen reisen extra aus Belgien und aus Israel an.
Fast 500 Jugendliche und Erwachsene treffen sich in Flossenbürg. Dort mussten Bonhoeffer und andere, die Widerstand geleistet haben, damals sterben.
In einem großen Zelt wird es bei der Jugendbegegnung viele Diskussionsrunden und Gespräche geben. Das wird sicher interessant.
Es sind auch Menschen da, die direkt dabei waren und uns erzählen können, wie es damals war, in Deutschland zu leben, verfolgt und eingesperrt zu werden.
Ich bin schon sehr gespannt, was sie erzählen werden. Aber mir ist auch ein bisschen mulmig, wenn ich höre, was früher hier passiert ist.
Vorbereitung und viel Arbeit
Ich helfe Daniela bei der Organisation der Veranstaltung. Einen Tag bevor es losgeht, sind wir schon in Flossenbürg und bereiten alles vor. Bei so vielen Leuten ist das ganz schön viel Arbeit und viele Mitarbeiter helfen zusammen. Das Zelt wird aufgebaut und sogar eine kleine Küche wird aufgestellt, damit es genug Essen für alle gibt. Im ganzen Ort verteilt sind Räume, in denen Programm stattfindet. Deshalb müssen wir überall Schilder aufhängen, damit die Jugendlichen den Weg auch finden. Geschlafen wird übrigens in einer Grundschule und in einer Schule im Nachbarort.
Die Klassenzimmer sind ganz leer geräumt und auch in der Turnhalle werden die Jugendlichen mit Schlafsack und Isomatte übernachten. Ein paar Leute schlafen auch auf einem Zeltplatz.
Am Mittwoch nach Ostern geht es dann richtig los. Ab morgens klingelt ständig unser Telefon und es gibt noch viele Fragen zu beantworten.
Nachmittags kommen dann die ersten Teilnehmer und suchen sich ihre Schlafplätze. Daniela und ich haben immer noch viel zu tun. Zwei Telefone und ein Funkgerät haben wir dabei, damit wir für alle erreichbar sind.
Die Jugendbegegnung kann beginnen
Abends findet endlich die Eröffnung statt und die Jugendbegegnung beginnt nun offiziell! Die ganze Nacht hindurch gibt es ein tolles Programm für die Jugendlichen. Sie können Filme anschauen, kochen oder etwas über das Leben und die Ideen von Dietrich Bonhoeffer lernen.
Früher Morgen
Am 9. April gibt es um 5:30 Uhr in der Früh für alle eine Andacht, so eine Art kleinen Erinnerungs-Gottesdienst im Morgengrauen.
Um diese Uhrzeit musste Bonhoeffer vor genau 70 Jahren sterben. Um zu zeigen, dass wir auch heute diese schlimme Zeit nicht vergessen, stellen wir Kerzen auf.
Das sieht schön aus, aber es macht mich aber auch sehr traurig. Müde und erschöpft gehe ich dann erstmal ein paar Stunden schlafen.
Mittags gibt es dann ein großes gemeinsames Frühstück und danach Diskussionsrunden, Arbeitsgruppen und viele Gespräche. Daniela und ich bereiten währenddessen schon den nächsten Tag vor.
Ein paar Leute kommen dann nämlich noch mit dem Zug in der nächsten größeren Stadt an und wir planen, wer sie dort abholt und wo sie hingebracht werden müssen.
Zwischendrin habe ich ein bisschen Freizeit und setzte mich zu ein paar Jugendlichen auf die Wiese. Die Sonne scheint und sie erzählen mir von dem, was sie hier schon erlebt haben.
Ausgezeichnete Ideen
Am Freitag wird es für Daniela und mich etwas ruhiger. Am Abend gibt es eine große Preisverleihung: Vor dem Treffen konnten sich die Jugendlichen schon Gedanken zu Bonhoeffer machen. - Und auch dazu, wofür sie sich heute einsetzen wollen. Da sind wirklich tolle Sachen entstanden! Zum Beispiel eine betende Figur von Dietrich Bonhoeffer aus Draht.
Eine andere Gruppe hat einen Adventskalender im Internet erstellt. Bei der Jugendbegegnung bekommen ein paar der Gruppen eine Auszeichnung. Dazu gibt es viel Musik und leckeres Essen. Ein toller Abend.
Dann ist das Treffen auch schon fast wieder vorbei. Zum Abschluss gibt es noch einen schönen Gottesdienst mit vielen Liedern. Schließlich heißt es Abschied nehmen und die Jugendlichen fahren wieder nach Hause. Für Daniela, mich und die vielen Helfer heißt es aufräumen. Die Technik und das Zelt werden abgebaut und wir laden alle unsere Sachen wieder in den großen Bus. Auch die Schulen müssen sauber gemacht werden, damit die Schüler nach den Ferien schöne Klassenzimmer haben.
Am Abend fahren wir dann nach Hause und ich bin ganz schön erschöpft.
Diese Woche war sehr anstrengend, aber ich habe viele tolle Jugendliche kennengelernt, die sich für wichtige Sachen einsetzen und alle zusammenhalten.
Jetzt ruhe ich aber erstmal meine Flügel aus und schlafe richtig lange. Und denke darüber nach, was mir wichtig ist. Was für mich die Dinge sind, für die es sich lohnt. Ein paar Ideen habe ich schon. Was meint ihr?
Fotos © Wolfgang Noack und © Daniela Schremser