Zur Adventszeit, hat mich ein echter Reisepastor eingeladen, mit ihm Finnland zu entdecken. Der deutsche Pastor Hans-Christian Beutel ist für die Evangelisch-Lutherische Kirche in ganz Finnland unterwegs und kümmert sich dort um deutsche Gemeindemitglieder zwischen der Ostseeküste und dem Polarkreis. "Joulukuu" heißt der Weihnachtsmonat Dezember in Finnland.
1. Advent und Hosianna!
Am 1. Advent habe ich etwas sehr Interessantes erlebt. Ich war zu Gast in der Deutschen Kirche in Helsinki. Das hübsche Kirchlein steht direkt am Hafen. Dort wo die großen Fähren aus Stockholm (Schweden) und Tallin (Estland) anlegen. Die Möwen haben mir eine Luke im Turm gezeigt, durch die ich in die Kirche hineinflattern konnte.
Da war vielleicht was los. Die Leute saßen nicht auf ihren Bänken. Nein, sie liefen alle herum und sie sangen dabei ein finnisches Lied: Hoosianna, Daavidin Poika, kiitetty olkoon hän! Kiitetty Daavidin Poika, joka tulee Herran nimeen. Hoosianna, hoosianna, hoosianna, hoosianna! Kiitetty Daavidin Poika, joka tulee Herran nimeen. Ich habe natürlich kein Wort verstanden, nur so etwas wie "David" habe ich immer wieder herausgehört. Hm, und warum wohl niemand still da saß, wie sonst in einer Kirche?
Als ich genauer hingesehen habe, da merkte ich, dass sie sich alle durch eine Art Tor hindurchzwängen wollten. Das stand mitten im Gang. Zwei Jugendliche haben es gehalten. Und es war über und über mit Tannengrün geschmückt.
Da habe ich mir mein Elsterherz gefasst, bin von meinem Sitzplatz hinuntergeflogen und direkt auf dem Tor gelandet. Huch, war das eine Aufregung. Die Kinder haben mir erzählt, warum sie alle durch das „Hosianna-Tor“ hindurch wollen:
Sie erinnern sich an eine Geschichte aus der Bibel, in der Jesus mit einem Esel durch das Stadttor von Jerusalem reitet und alle Menschen ihm zujubeln und „Hosianna“ schreien. Das heißt soviel wie „Juhu“, „Ole“ oder „Hurra“.
Das hat mir gefallen. Die haben sich also die Geschichte nicht nur angehört, sondern wirklich das nachgemacht, was in der Bibel steht. Die Kinder haben mir auch verraten, wie das finnische Lied auf Deutsch heißt: „Hosianna, dem Sohn Davids! Hosianna in der Höhe! Gelobt sei Davids Sohn, der da kommt im Namen des Herren.“
2. Advent in Turku
Mein zweites Adventswochenende in Finnland war ganz schön aufregend: Da war ich in Turku. Da steht die wichtigste Kirche von ganz Finnland: der Dom von Turku. Dieser wunderschöne mittelalterliche Dom liegt direkt am Fluss Aurajoki und gilt als das Nationalheiligtum Finnlands. Da hineinzukommen war gar nicht schwierig: alle Türen standen offen, weil ganz viele Menschen in diese große Kirche strömten. Immer am Sonnabend vor dem 2. Advent werden hier nämlich die schönsten deutschen Lieder zu Advent und Weihnachten gesungen. Da ist was los!
Mit einem großen Bus kommt der Chor der Deutschen Gemeinde aus Helsinki und ein kleines Orchester kommt auch mit. Aber das ist nicht einfach nur ein Konzert, bei dem ein Chor singt und die Leute still zuhören. Nein, alle Leute in der Kirche singen mit. Und das klingt gewaltig!
Ein Adventslied von Martin Luther
Ich hatte einen tollen Platz zum Zuhören. (Mitkrächzen wollte ich lieber nicht!) Von der Liedertafel hinter dem Chor aus konnte ich alles richtig gut sehen und hören. Die Leute hatten ganz glänzende Augen – sie lieben diese deutschen Lieder, obwohl sie ja auch wunderschöne finnische Weihnachtslieder haben. Eine alte Domdohle hat mir erzählt warum: Viele Menschen hier haben früher in der Schule Deutsch gelernt und mögen diese Sprache auch sehr gerne. Und dann hat früher hier in dieser Kirche ein Bischof gewirkt, der in Deutschland studiert hatte: bei Martin Luther in Wittenberg. Und dieser Bischof Agricola hat dann die Reformation aus Deutschland hierher nach Finnland gebracht. Vom Dom in Turku aus hat sich dann die Reformation im Land verbreitet – deshalb nämlich ist dieser Dom die wichtigste Kirche von ganz Finnland. Und auch daran erinnern die deutschen Lieder und deshalb wird unbedingt auch ein Weihnachtslied gesungen, das Martin Luther geschrieben hat: „Vom Himmel hoch, da komm ich her.“ Und bei der letzten Strophe stehen alle Leute auf – einfach weil das so festlicher ist:
„Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,
der uns schenkt seinen ein´gen Sohn.
Des freuet sich der Engel Schar
und singet uns ein solches Jahr.“
Zu Besuch in Jyväskylä in Mittelfinnland
Jyväskylä ist eine Universitätstadt in Mittelfinnland, die am Päijänne-See liegt. Hier habe ich Petra Linderoos getroffen, die hier die deutschen Gottesdienste organisiert. Petra hat mit erzählt, wer die deutschen Gottesdienste besucht und wie man in Finnland Weihnachten feiert:
Kira: Hallo Petra, wo bin ich denn hier gelandet?
Petra: Du bist hier gerade im alten Pfarrhaus von Jyväskylä, ganz in der Nähe der Stadtkirche.
Kira: In der Stadtkirche war ich vorhin - das war toll! So viele Leute waren da beim Adventsgottesdienst. Was sind das alles für Leute?
Petra: Das sind ganz unterschiedliche Leute: Da gibt es zum Beispiel Leute, die in Deutschland geboren und dann nach Finnland gezogen sind. Dann gibt es finnische Frauen oder finnische Männer, die mit einem deutschen Partner verheiratet sind. Und es gibt auch ganz viele finnische Leute, die Deutsch gelernt haben - in der Schule oder an der Universität. Hier sind zum Beispiel einige alte Menschen, die bei mir im Deutschkurs an der Seniorenuniversität sind. Dann sind da natürlich die Kinder von den deutsch-finnischen Ehepaaren. Sehr unterschiedliche Leute!
Kira: Und wie oft kommt ihr so zusammen?
Petra: Von der Gemeinde aus so etwa dreimal im Jahr. Jetzt zum Adventsgottesdienst kommen natürlich die meisten. Aber auch zum Erntedankfest kommen viele - das feiern wir in einem alten Bauernhaus. Und Ostern feiern wir auch zusammen.
Kira: Und woher kommst du? Warum wohnst du denn in Finnland?
Petra: Ich bin geboren in Bielefeld. In Marburg bin ich aufgewachsen. Dort habe ich auch studiert und bin dann nach Finnland gezogen weil mein Mann ein Finne ist. Wir haben drei Kinder - und als das dritte Kind geboren wurde war klar, dass wir hier bleiben.
Kira: Und dann hast Du Finnisch gelernt?
Petra: Finnisch hab ich auch gelernt, mehr oder weniger so nebenbei und nicht so richtig in der Schule. Deshalb kann ich Finnisch nicht so richtig schreiben, aber sprechen kann ich ganz gut.
Kira: Hast Du denn ein Lieblingswort auf Finnisch?
Petra: Hm … ein Lieblingswort? Ja, ein Wort mit dem ich ganz viel verbinde, das heißt „neuvola“ - das habe ich hier kennengelernt und da habe ich ganz viel Hilfe bekommen als meine Kinder klein waren.
Kira: Und was heißt das?
Petra: „Neuvola“ kann man nicht übersetzen. Im Wörterbuch steht „Beratungsstelle“ aber das gibt nicht gut wieder was „neuvola“ ist. Das ist ein Ort zu dem man hingeht wenn man schwanger wird und dann gibt es dort Frauen, die einem helfen und begleiten und untersuchen. Und alles tun, damit die Kinder gesund auf die Welt kommen. Die begleiten einen durch die Schwangerschaft und auch danach noch bis das Kind in die Schule kommt.
Frohe Weihnachten auf Finnisch
Kira: Wenn ihr hier in Finnland Weihnachten feiert - gibt es etwas ganz Typisches für Weihnachten in Finnland?
Petra: Ja, das gibt es, absolut. Und das gibt es auch bei uns zuhause. Ich würde sagen, es gibt in Finnland sehr viel mehr einheitliche Bräuche, die alle Menschen hier halten, als es das in Deutschland gibt. Insbesondere für den Heiligen Abend: Man geht auf jeden Fall in die Sauna um sich auf das Fest vorzubereiten. Und es gibt auf jeden Fall Reisbrei mit einer Mandel drin und derjenige, der die Mandel findet darf sich etwas wünschen. Und ganz wichtig ist auch dass die Leute am Nachmittag zum Friedhof gehen und auf den Gräbern ihrer Angehörigen eine Kerze anzünden. Am Abend gibt es dann nach dem Gottesdienst das große Weihnachtsessen mit ganz traditionellen Gerichten: den Weihnachtsschinken, Steckrübenauflauf, Stockfisch (das mögen aber nicht alle) oder geräucherten Lachs, Salat, Pfefferkuchen und Plätzchen.
Kira: Bring mir doch mal bei, was „Frohe Weihnachten!“ auf Finnisch heißt.
Petra: „Frohe Weihnachten“ heißt „Hyvä Joulua“.
Kira: Hyvä Joula!
Ich bin schon sehr gespannt, was ich in Finnland noch alles erlebe und werde euch darüber bald mehr berichten!
Nähdään pian! Bis bald!
Fotos © Pfarrer Hans-Christian Beutel/Deutsche Evangelisch-Lutherische Kirche in Finnland